Tag 7: Mückenparadies

Gegen sechs wache ich auf und müsste eigentlich dringend pieseln. Doch die Mücken, die vor unseren Zelttüren auf uns lauern, halten mich davon ab. Es sind nicht tausende, millionen oder milliarden. Es sind unweit mehr. Ich weiß nicht, ob die deutsche Sprache dafür überhaupt ein Zahlwort hat. Doch irgendwann geht es nicht mehr und wir müssen ja auch schließlich weiter. Also packen wir uns so weit es geht bereits im Zelt mückendicht ein und öffnen die Reißverschlüsse. Sofort stürzen sie sich ins Zeltinnere. Das kann ja ein gemütliches Frühstück werden.

Schnell ist das Kaffeewasser zubereitet und wir sitzen wieder im Zelt, behalten Jacke und Mückennetz direkt an. Letzteres ist leider nicht dicht genug für diese winzigkleinen Biester. Mich haben sie bisher so gut wie nicht gestochen, dafür aber die arme Petra um so mehr. Sie sieht aus, wie ein Streuselkuchen. Überall, wo die Haut nicht bedeckt ist (Gesicht, Arme, Beine), ist ein Mückenstich neben dem anderen. 

Ich, beim Zusammenpacken von Schlafmatten und -säcken. Die vielen kleinen Punkte sind Mücken.

Ruckzuck sind das Zelt abgebaut und die Rucksäcke gepackt. Weiterhin mit Mückennetz und Jacke wandern wir los. Die zwei Kilometer bis zum Bauernhof Eftestøl sind schnell zurückgelegt, dann geht es durch das Gatter eines Weidezauns und wir haben ein wegloses, langgestrecktes Tal vor uns.

Am Anfang der Querfeldeinstrecke.

Bereits nach wenigen Meter queren wir einen breiten aber niedrigen Fluß. Auf den Steinplatten, über die er fließt, machen wir Halt, waschen uns und putzen unsere Zähne, was wir gestern Abend und nach dem Aufstehen aufgrund der Mücken verschoben haben. Nachdem auch die Wasserflaschen aufgefüllt sind, geht es weiter.

Die Wegfindung ist hier noch recht einfach, wir müssen nur dem breiten Trampelpfad der Kühe folgen. Sie haben mit ihren Hufen den Boden tief aufgewühlt und wir sind froh, dass es die letzten Tage recht trocken war, denn sonst hätten wir hier einen Morastweg vor uns.

Hier müssen wir durch.

Die Landschaft ist toll, und das fast weglose Wandern macht uns Spaß, wenn es auch recht anstrengend ist. Immer wieder müssen wir Tümpel umwandern, durch niedriges Buschwerk stampfen oder über Sumpfwiesen marschieren. Doch wir kommen recht gut voran, auch wenn mein rechtes Bein mir immer noch Probleme bereitet.

Eine leichte Bachquerung.

Nach zwei Stunden sehen wir die riesige Kuhherde, die uns den Weg bereitet hat. Ihr lautes Muhen bleibt aber hinter uns zurück, als wir eine Brücke überqueren. Kurz darauf stehen wir vor einer Hütte im Nirgendwo und legen eine Pause ein, bei der wir uns auf die Eingangsstufen setzen. 

Kurze Rast vor der Hütte.

Doch die Mücken lassen die Pause recht kurz ausfallen und wir stiefeln mit bereits schweren Beinen weiter. Ab hier stoßen wir des öfteren auf Quad-Spuren, denen wir folgen, denn sie weisen ungefähr in unsere Richtung. Aber trotzdem müssen wir uns des mehrmals durch das Unterholz einen Weg bahnen.

Petra bahnt sich ihren Weg.

Am Ende des Tals umrunden wir einen letzten See, dann folgen wir seinem Zufluß bergauf. Immer steiler geht es hinauf, leider ist das Flußtal recht eng, so dass wir uns durch die Bäume und Büsche schlagen müssen. 

Eine Kreuzotter.

Mitten im Anstieg entdecke ich eine Kreuzotter nur einen Meter neben meinem Weg. Und Hinterlassenschaften von Elchen sehr wir mehrmals, nur die Tiere selbst nicht. Die letzten Meter zum Paß hinauf werden noch mal steiler, dann sind wir bereits oben.

Hier haben wir bereits ein paar Höhenmeter geschafft.

In der Zwischenzeit hat es zu Nieseln angefangen, doch wir sind nicht mehr weit von unserem Etappenziel entfernt und recht erledigt, so dass wir den Regenschutz nicht über die Rucksäcke ziehen.

Kurze Erholung im steilen Gelände.

Wir halten uns nach dem Paß rechts auf der Talseite und stoßen schließlich auf einen gut sichtbaren und blau markierten Pfad, dem wir bis zu den verfallenden Grubengebäuden von Knaben folgen.

In Knaben wurde bereits im 19en Jahrhundert Molybdän abgebaut. Für Nazideutschland war das im zweiten Weltkrieg ein wichtiges Erz, da es für die Stahlveredlung benötigt wurde. So gab es angeblich auf Churchills Karte mit den wichtigsten Kriegszielen in Norwegen nur ein Kreuz, nämlich hier in Knaben.

Im Regen erreichen wir den Campingplatz, der menschenverlassen unterhalb der ehemaligen Grube liegt. Am Eingang zu den Sanitärräumen hängt ein Zettel mit einer Telefonnummer, die ich anrufe, um die Zahlung und den Zugang zu diesen Räumen zu klären.

Auf dem Camping.

Die Duschen und die WCs liegen im Keller und sind schön beheizt. Der riesige  Aufenthaltsraum leider nicht, darum mache ich dort im Ofen erst mal Feuer. 

Wir packen unsere Klamotten aus, verteilen sie zum Trocknen im ganzen Raum und dann wird geduscht. Wie immer fühlen wir uns danach wieder fast so gut, dass wir sofort weitergehen könnten. Da es immer noch regnet, werden wir wohl nicht im Zelt schlafen (da auch sicherlich hier uns die Mücken wieder verfolgen werden) sondern im Aufenthaltsraum.

Die heutige Etappe in Zahlen

Kilometer

Gesamt17
Auf Asphalt0
Auf Schotter2
Auf Wanderwegen2
Querfeldein13

Höhenmeter

Bergauf370
Bergab220

Geschätzte Gehzeit

6 Stunden

3 Kommentare

  1. Hallo ihr zwei , wenn ich Bilder mit den Mücken sehe, muss ich mich sofort kratzen . Ich hoffe das es nicht so bleibt .
    LG Meike

  2. Mich plagt EIN Kriebelmückenstich. Unter dem Aspekt seid Ihr gerade in der Hölle.
    Und dann noch eine Schlage!! Die hätte ich dort nicht erwartet.
    Aber abgesehen davon: wunderschöne Bilder. Und Deine Erzählungen lesen sich wie
    ein gutes Buch, Andreas!

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