Tag 65: Die unmögliche Furt

Nach dem Frühstück bezahlen wir bei Hilde und sagen ihr, dass wir sehr wahrscheinlich Mitte Oktober zurückkommen werden, um die übersprungenen Etappen nachzuholen. Wir verabschieden uns herzlich, dann werden die Rucksäcke gepackt, wir gehen hinaus und machen noch schnell ein Selfie.

Im Gegensatz zu Helmut und Nik gehen wir im prasselnden Regen los. Die Wolken hängen tief, es ist ungemütlich. Wir spulen die 15 Kilometer Asphalt so schnell wie möglich ab, legen aber nach zwei Stunden eine kurze Pause ein, in der wir jeder eine Banane verputzen und etwas Tee trinken. Nach etwas über drei Stunden sind wir am Namsvatnet, wo in der Bucht an den Anlegern viele kleine Boote liegen, unter anderem auch das von namsvatnet.no, was uns über den See bringen wird.

Wir setzen uns auf die Bänke, die direkt am See stehen und warten auf 13 Uhr, denn dann soll unsere Fahrt beginnen. Nach kurzer Zeit kommt grußlos auch eine Norwegerin mit sehr kleinem Rucksack, dafür aber mit einem Eimer, und setzt sich auf eine der anderen Bänke. Es sieht so aus, als ob sie auch mit der Fähre fahren will, was für uns bedeutet, dass wir 500 NOK sparen werden. Dies ist nämlich der Preis pro Person und 1500 NOK der Mindestpreis pro Fahrt.

Pünktlich auf die Minute kommt unser Kapitän mit einem Quad angerauscht, und wir steigen alle in die Kabine, die mit ihren Planen hinter der Windschutzscheibe uns vor Wind und Gischt schützt.

Die Fahrt dauert etwas über eine halbe Stunde, dann sind wir bereits am Anleger, der nur wenig neben dem beeindruckenden Wasserfall der Storelva liegt. Die Norwegerin steigt hier auch aus und wir können sie die nächste Stunde manchmal noch in Ufernähe beobachten, wo sie auf den Sumpfwiesen nach Moltebeeren sucht.

Wir gehen zunächst nur die wenigen Meter zum Gapahuk und machen Mittag. Anschließend ziehen wir auch los. Zunächst über einen Pfad zur Brücke über die Virmaleva, die hier rauschend und schäumend in den Namsvatnet mündet. Dann stapfen wir einer endlosen Abfolge von Sumpfwiesen das Viermadalen hinauf. Manchmal müssen wir uns einen Weg durch das Unterholz bahnen, um von einer Wiese auf die nächste zu kommen.

Dann kommen wir zur ersten Furtstelle, hier gilt es, einen Nebenfluß der Vierma zu queren. Vor zwei Jahren war das kein Problem, doch die Regenfälle der letzten Wochen haben den Fluß ordentlich anschwellen lassen. Er ist wild und reißend. Mit mulmigen Gefühl ziehen wir unsere Furtschuhe an und ich wage die ersten Schritte. Im Uferbereich ist noch alles in Ordnung, doch sobald ich in die Strömung komme, merke ich die Kraft des Wassers. Es geht mir bis zur Mitte der Oberschenkel und es kostet schon spürbar mehr Kraft, die dünnen Wanderstöcke zu platzieren. Die Beine gegen die Fluten zu bewegen, ist noch viel anstrengender. Wenn ich hier falle, dann spült mich der Fluß wer weiß wohin. Hinter mir höre ich „Ich trau mich nicht“. Und ich muss eingestehen, Petra hat Recht, hier weiterzugehen, wäre sehr leichtsinnig.

Ich kehre zurück ans Ufer und wir gehen ein paar hundert Meter den Fluß hinauf, doch die Strömung wird eher noch schlimmer. Darum werfe ich meinen Rucksack ab und sage Petra, sie soll hier warten. Ich will schnell noch weiter hinauf und die Lage mir dort anschauen. Doch auch auf diesem Kilometer sehe ich keine Möglichkeit für uns, auf die andere Flußseite zu kommen, und ich kehre um.

Wir probieren es an der ersten Stelle erneut, dieses Mal ohne Rucksack, doch schon nach weniger als drei Metern kehren wir um. Nun gibt es nur noch zwei Möglichkeiten: umkehren, oder das Tal hinaufwandern. Ich schaue auf die Karte und sehe, dass wir oben über zwei Pässe auf die geplante Tour kommen können, also wandern wir im Tal hinauf. Auch hier folgen wir den sumpfigen Wiesen, ab und zu haben wir auch größere Flächen, die nur mit bodenbedeckenden kleinen Büschen bewachsen sind. Diese sind meistens recht eben und auf ihnen kommen wir gut voran. Und man kann hier prima zelten und genau das machen wir dann nach einigen Kilometern.

Ein wirklich schöner Zeltplatz in Flußnähe und es kommt sogar die Sonne hervor. Kaum steht das Zelt öffnen wir unsere erste Dose Bier und wir trinken auf diesen ersten, halbwegs gelungenen Tag im Børgefjell. Wir waschen uns, bereiten unsere Mahlzeiten vor, die wir dann zum zweiten Bier draußen auf unserer Plane genießen wollen, doch die vielen Mücken nötigen uns dann doch, ins Zelt zu gehen.

Die heutige Etappe in Zahlen

Kilometer

Gesamt25
Auf Asphalt16
Auf Schotter0
Auf Wanderwegen0
Querfeldein9

Höhenmeter

Bergauf470
Bergab280

Geschätzte Gehzeit

7 Stunden 30 Minuten

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