Die Fähre kommt erst um elf Uhr, wir können also gemütlich frühstücken, lesen, die Rucksäcke packen und die Hütte putzen. Dann geben wir den Schlüssel zurück, gehen die 100 Meter zum Anleger und warten auf die Fæmund II.

Um 10:45 Uhr kommt sie ins Sichtfeld. Zunächst scheint es, dass sie an unserer Haltestelle vorbeifährt, doch dann dreht sie in unsere Richtung.

Kurz bevor sie anlegt trudeln nach und nach einige Anwohner ein, die wohl gerne beim Anlegemanöver helfen und sich dann mit der Besatzung unterhalten.

Wir sind überrascht, wie voll das Schiff ist. Auf dem Deck stehen zwei Fahrräder, ein Kanu und ein Berg von Rucksäcken. Im Innenbereich sind fast alle Sitzplätze belegt.
Auf dem See ist der Wind recht stark und das Schiff wird etwas durchgeschaukelt. Doch unsere Fahrt dauert nur 15 Minuten, dann sind wir schon in Revlingen und steigen mit drei weiteren Passagieren aus.
Es regnet leicht. Wir gehen strammen Schrittes die vier Kilometer zur Svukuriset-Hütte. Leider wird der Regen stärker und wir kommen an der Hütte komplett durchnässt an.

Hier bestellen wir uns zwei Sandwiches und zwei Bier und setzen uns in den warmen Gastraum. Die Drei, die mit uns in Revlingen ausgestiegen sind, nehmen ein Zimmer und bleiben hier. Im Nachhinein eine bessere Entscheidung als die unserige, denn wir starten um eins dann in voller Regenmontur Richtung Røvollen, eine DNT-Hütte, die nur weitere 19 Kilometer entfernt ist.
Der Wald hier ist schon speziell. Die Bäume stehen weit auseinander auf einem Teppich aus Erika und Blaubeeren. Überall lugen riesige Felsbrocken aus dem Boden hervor. Die Fichten sind häufig knorrig, verdreht. Dazwischen stehen einige Bäume, die schon mehr tot als lebendig aussehen und auf dem Boden liegen ihre Ahnen, die schon einen Schritt weiter sind.

Der Wanderweg windet sich durch diesen Wald immer weiter bergauf, bis wir eine Hochebene erreichen. Hier, ohne den Schutz der Bäume, pfeift uns der Wind direkt ins Gesicht. Der Regen fällt weiter in dicken Tropfen. Allmählich dringt die Nässe immer weiter durch unsere Kleidung.
Wir können uns kaum umschauen, denn wir müssen jeden Schritt mit Bedacht setzen, ansonsten rutschen wir auf den nassen Felsen aus.

Die Rentiere haben damit keine Probleme, elegant traben sie in einiger Entfernung vor uns weg.
Fünf Stunden kämpfen wir gegen Wind und Regen an und machen dabei keine Pause. Gut, dass wir uns in Svukuriset eine Mahlzeit gegönnt haben.
Dann kommen wir endlich in Røvollen an. Auf der Bank vor der Hütte sitzt ein Pärchen und isst unter dem Vordach im Trockenen. Als er mitkriegt, dass wir Deutsche sind, sagt er „Endlich trifft man wieder mal Deutsche, nach so langer Zeit“. Ich habe aber momentan keine Lust auf eine Unterhaltung, will nur noch in die warme Stube und meine nassen Klamotten loswerden.

Wir beziehen ein Zimmer mit nur einem Stockbett, das Zimmer nebenan ist für sechs Leute ausgelegt und fast komplett belegt. Im Wohnzimmer sitzt eine vierer Gruppe und trinkt Bier, und einer sitzt etwas abseits, isst und studiert dabei eine Landkarte der Region.
Nach Kaffee zu Schokolade und Dosenpfirsichen geht es fast übergangslos zum Abendessen.
Die Vier sind in der Zwischenzeit in eine andere Hütte umgesiedelt, um dort ungestört ihr Bier zu trinken, und wir kommen mit dem Kartenleser und der Hüttenwirtin ins Gespräch.
Von ihm erfahren wir, dass das deutsche Pärchen, das vor der Hütte saß, bereits den PCT (oder den CDT) gemacht hat (Wanderweg von Mexiko nach Kanada, ca. 4000 Kilometer) und nun auf dem Weg von Spanien zum Nordkap sind. Der Kartenleser macht gerade seine zweite, längere Wanderung, die erste vor wenigen Wochen musste er abbrechen, da sich die Sohlen von seinen Wanderschuhen gelöst haben.
Nach dem Essen verziehen wir uns auf unser Zimmer und sind froh, dass wir uns gemütlich ausstrecken und noch ein paar Seiten lesen können.
Die heutige Etappe in Zahlen
Kilometer
Gesamt | 23 |
Auf Asphalt | 0 |
Auf Schotter | 4 |
Auf Wanderwegen | 19 |
Querfeldein | 0 |
Höhenmeter
Bergauf | 360 |
Bergab | 310 |
Geschätzte Gehzeit
6 Stunden