Die Nacht war recht kühl, Petra hat sogar etwas gefroren. Wir waren wieder früh wach, doch trauten uns noch nicht aus unseren warmen Schlafsäcken. Erst als die ersten Sonnenstrahlen unser Zelt trafen, wurden wir etwas mutiger und begannen unsere Morgenroutine. Da der Himmel von einer dünnen Schleierwolkendecke überzogen war, konnte die Sonne uns nicht sehr erwärmen, so dass wir unser Frühstück doch lieber im Zelt zu uns nahmen. Wir vertilgten die letzten Reste unserer Spiegeleibrote und auch das in Trondheim gekaufte Brot wurde mit Marmelade und Butter aufgegessen.
Um halb Acht marschierten wir los. Zunächst ging es noch für ca. 3 Kilometer weiter entlang des Virmaelva-Tales, doch schon bald begann der gemütliche Anstieg hinauf zum Passe. Auch heute war die Wegfindung sehr einfach, auch das Gelände war zunächst angenehm zu wandern.
Das änderte sich aber nach 1,5 Stunden mit der Passüberquerung, denn es wurde zunehmend felsiger und gerölliger. Hier war Vorsicht angesagt, denn jeder Fehltritt konnte üble Folgen haben. Konzentriert aber zügig ging es voran, so dass wir auch den zweiten Pass des Tages recht bald erreichten.
Da alles so gut lief und wir uns noch fit fühlten, änderten wir den Tagesplan und nahmen nun das Tal der Tiplingelva als Tagesziel.
Nach dem Pass ging es eigentlich nur bergab und nach der vorgestrigen Brücke sahen wir nach wenigen Stunden die ersten Zeichen menschlichen Schaffens im Form eines Rentierzauns. Diese Zäune umfassen für uns Mitteleuropäer unfassbar große Gebiete, um die einzelnen Rentierherden voneinander zu trennen. Jedes Mal staune ich, dass sich die Kosten für die tausende von Zaunpfählen und den Kilometern von Maschendrahtzaun für die recht wenigen Tiere lohnt.
Schon kurz nach dem Erreichen des Zauns sahen wir bereits eine rechte große Herde, die auf der Flucht vor uns unseren Weg nur knapp vor uns kreuzten.
Auf dem Weg zum Talgrund verschwand das Geröll, wurde von Bodendeckern überwuchert, bald folgten Krüppelbirken, Sümpfe und immer dichter werdende Birkenwälder. Das Wandern und die Wegfindung wurde immer mühsamer. Die letzten 2 Kilometer zur anvisierten Brücke haben wir gefühlt fast verdoppelt, da wir mal zu weit links und mal zu weit rechts von der Ideallinie hinabwanderten und uns durch den Morast immer wieder zurückkämpfen mussten.
Kaputt kamen wir an der recht wackeligen Brücke an, doch hier fanden wir keinen Zeltplatz. Entweder war es zu sumpfig oder zu uneben. So waren wir gezwungen, noch ca. 1,5 Kilometer weiter zum nächsten kleinen Tal zu wandern. Auf dem Weg dorthin waren wir entweder im Moor oder in sehr dichtem Birkenwald.
Doch der angestrebte Platz erwies sich als ideal. Direkt neben einer kleinen Brücke war eine ebene, trockene Fläche. Der Bach war auch nicht fern und an der Brücke konnten wir unseren nassen Klamotten zum Trocknen aufhängen. Nur die Mücken störten.
Hier fanden wir zum ersten Mal seit Trondheim Zeit und Gelegenheit uns richtig zu waschen. Was für ein herrliches Gefühl, wenn der klebrige, eingetrocknete Schweiß nicht mehr an einem hängt.
Aus Furcht vor den Mücken haben wir den Kaffee und die wohl verdiente Schokolade im Zelt zu uns genommen, danach gab es ein kleines Nickerchen und ein leckeres Abendessen aus der Tüte. Ab 19:30 Uhr haben wir gelesen bzw. das Tagebuch geschrieben.
Insgesamt war es wieder ein schöner Wandertag und wir haben allmählich das Gefühl, unsere alte Form zu erreichen. Morgen stehen ebenfalls 24 Kilometer auf dem Programm. Und am darauffolgenden Tag werden wir einen Campingplatz erreichen, wo wir uns endlich duschen können.