Als wir aufwachen, schauen wir sofort aus unser Fenster. Die Wolken hängen tief unterhalb der Bergspitzen. Allerdings regnet es nicht und der Wind ist kaum erwähnenswert. Es ist also definitiv besser als gestern.

Wir müssen heute die letzten 2,5 Kilometer des Vortags wieder zurückgehen, bis zu einer Kreuzung, um dann dort abzubiegen. Schon erstaunlich, wie anders man einen Weg wahrnimmt, je nach dem, wie das Wetter, die Fitness und der Gemütszustand ist. Gestern haben wir uns diesen Wegabschnitt entlanggequält, heute ist es ein normaler Pfad, den wir in ungefähr einer Stunde absolviert haben.

Es ist kühl, Petra hat die Handschuhe an und wir beide natürlich die Regenjacke, denn die leichte Brise kühlt schon sehr.


Zunächst geht es hinunter bis an den Fuß einer gigantischen Staumauer, dann auf der anderen Seite 300m wieder hinauf. Anschließend geht es dem Seeufer entlang. Auch dieser Stausee ist weit unter dem maximalen Füllstand. Wie mit dem Lineal gezogen ist ein vegetationsloser Streifen oberhalb der Wasserlinie, der den ganzen See umgibt. Das sieht nicht schön aus.

Die erste Pause ist mal wieder recht ungemütlich, da ein beständiger, leichter Wind uns kalt entgegenbläst. Wie gut, dass wir wieder heißen Tee dabei haben.

Heute müssen wir mehrere kleinere Kletterstellen meistern, bei denen es für die Stiefel nur ca. 2cm breite kleine Leisten gibt und für die Hände so gut wie nichts. Bei einer dieser Passagen starten wir sogar in einem See stehend. Von diesen Situationen habe ich leider keine Bilder, da ich bei dem Streß nie an Fotografieren gedacht habe.

Neben der Felskletterei müssen wir heute auch ein ziemlich steiles Schneefeld queren. Ein Fehltritt und man rutscht mehrere hundert Meter den Berg hinab. Das wollen wir nicht und sind sehr konzentriert bei der Sache. An der steilsten Stelle zwängen wir uns durch die Randkluft zwischen Schneefeld und Fels.

Ungefähr fünf Kilometer vor dem Tagesziel reißt der Himmel auf und die Sonne kommt hervor. Schnell dehnt sich das Fleckchen blau über den ganzen Himmel aus. Plötzlich und unerwartet haben wir ein Traumwetter. Wir legen eine lange Pause ein, bei der wir uns ins Gras legen, die Schuhe ausziehen und über die nächsten Etappen diskutieren.

Ungefähr ab hier ist der Weg sehr schön zu laufen, oft über Felsplatten, alle Markierung schon von Weitem sichtbar. So wünscht man sich das.

So kommt also alles zusammen: schönes Wetter, guter Weg, sichtbare Markierungen. Wanderspaß hoch drei. Die letzten Kilometer sind ruckzuck vorbei und wir erreichen unser Tagesziel, die Hütte Vassdalstjørn. Obwohl wir heute mehr Kilometer zurückgelegt haben als gestern, fühlen wir uns wesentlich besser. Was so ein bißchen Sonnenschein ausmacht.

In der Hütte ist bereits Einar, der für den DNT als Freiwilliger diese Hütte inspiziert. Wir kommen ins Gespräch und unterhalten uns über die verschiedenen tollen Wandergebiete hier in Norwegen. Er selbst hat wohl lange Zeit hoch oben in der Finnmark gelebt. So erfahre ich, dass nicht alle Rentiere von der Insel Magerøya (auf der das Nordkap liegt) durch den Tunnel getrieben werden, sondern viele schwimmen auch hinüber, um von den Sommerweiden zu den Winterweiden (und umgekehrt) zu gelangen.

Die heutige Etappe in Zahlen
Kilometer
Gesamt | 22 |
Auf Asphalt | 0 |
Auf Schotter | 0 |
Auf Wanderwegen | 22 |
Querfeldein | 0 |
Höhenmeter
Bergauf | 660 |
Bergab | 500 |
Geschätzte Gehzeit
8 Stunden