Ich habe 6 Stunden wie im Koma geschlafen, vom Lärm und Geschnarche der anderen 11 im Zimmer habe ich erst um 3 Uhr was mitbekommen, als ich aufgewacht bin. Dann konnte ich aber lange Zeit nicht einschlafen. Dennoch hatte ich, wie sich später herausstellte, die Polarlichter verschlafen, die am sternenklaren Himmel wohl gut zu sehen waren. Schade.
Da die anderen 2 Gruppen gegen 7 loswandern wollten und es in der Küche für so viele Menschen zu eng ist, blieben wir noch etwas länger in unseren Betten. Als wir dann endlich aufstanden waren es immer noch 26 Grad minus.
Zum Frühstück gab es (wie in den darauffolgenden Tagen auch) runde, flache Brotscheiben, Knäckebrot, Butter, Wurst, Käse, Streichkäse, Marmelade, Müsli, Tee und Kaffee. Das ist halt der Vorteil, wenn das Gepäck auf einer Pulka und nicht im Rucksack transportiert wird. Da muss nicht so sehr auf das Gewicht und Volumen geachtet werden.
Kaum waren wir einige Minuten draußen, waren bereits die Haare, die nicht unter der Mütze versteckt waren, mit einer Eisschicht überdeckt. Petra hat ziemlich gefroren, am meisten an ihren Händen. Deshalb hat sie zusätzlich noch meine dicken Wollfäustlinge übergezogen. Doch auch das hat nicht gereicht. Erst mit den Daunenhandschuhen von Corinne wurden ihre Finger langsam wieder warm.
Die heutige Etappe sollte mit über 20km die längste der gesamten Tour werden und auch die 300 Höhenmeter, die es hinaufging, machten sie zu einer der anstrengendsten. Dennoch ging es gut voran, zu mal wir wieder perfektes Wetter hatten.
Der Schnee knirschte unter unseren Schneeschuhen bei jedem Tritt. Die Schneeschuhe quietschten und klackten rhythmisch unter uns. Und hinter uns rauschte die Pulka beständig. Auch die Stöcke erzeugten mit jedem Einstechen und Abdrücken zischende Laute, so dass wir immer von einer lauten Geräuschkulisse umgeben waren. Von einem ruhigen Dahingleiten oder -schreiten konnte nicht die Rede sein. So war es auch kein Wunder, dass wir auf der gesamten Tour keine Elche sehen konnten, da diese uns bestimmt schon einige Kilometer entfernt hörten und Reißaus nahmen.
Weiter oben wurde es zunehmend windig und unangenehm. Häufig mussten wir anhalten, um eine weitere Schicht anzuziehen, oder, wenn es bergauf ging, wieder auszuziehen.
Irgendwann sahen wir vor uns eine Ansammlung von Hütten, die Corinne erst als Samendorf identifizierte. Denn für die Alesjaure Hütte schien es noch zu nahe zu sein. Doch bei dieser Hütte war es so, wie mit dem Scheinriesen in Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer: Je näher man kam, desto kleiner wurde sie. Mit anderen Worten, das Dorf war kein Dorf, sondern die angestrebte Alesjaure Hütte, und diese war nicht nur ein paar Meter entfernt, sondern circa 7 km für die wir weitere 2 Stunden benötigten.
Dieser letzte Abschnitt des Weges führte fast die ganze Zeit über einen zugefrorenen See. 2km vor unserem Ziel hat Ines etwas schlapp gemacht und wir haben ihr Gepäck auf unsere Pulkas verteilt. Zu allem Überfluß lag die Hütte etliche Meter über dem See, so dass es noch einen knackigen Schlussanstieg zu bewältigen gab. Oben wurden wir aber mit einem heißem Getränk belohnt und mit einem kleinen Laden, in dem wir Bier kaufen konnten, das wir zum Abendessen trinken wollten. Wir alle hatten schwere Beine, doch die Anstrengungen waren nach der Ankunft schnell vergessen. Auch Ines war wieder wohl auf.
Auch die Alesjaure Hütte war wieder gut besucht, doch es gab hier etliche Gebäude, auf die die verschiedenen Gruppen verteilt wurden. So war hier beispielsweise auch eine 18 köpfige Gruppe aus Wales unterwegs, die durch ihre Charity-Tour 16000 Pfund gesammelt haben. Ist zwar gut für die Krebsforschung (für diese waren die Einnahmen bestimmt) doch blöd für diejenigen, die mit ihnen unterwegs waren. Auch gab es ein französisches Paar, das im Windschatten unserer Hütte ihr Zelt aufgebaut hat. Dort haben sie nur geschlafen, gekocht und gegessen haben sie dann in der Hütte. Dennoch hätte ich bei den Temperaturen nicht mit ihnen tauschen wollen.
In unserer Hütte war es relativ leer und wir hatten sogar ein 4 Bettzimmer für uns. Die Küche war groß und geräumig. Die Wasserkanister waren von den anderen bereits gefüllt worden, so dass uns das Wasserholen heute erspart blieb.
Die Saunazeiten waren wie üblich: ab 18:00 Uhr Damen, ab 19:00 Herren und ab 20:00 gemischt. Meine 3 Damen sind um 6 Uhr direkt los. Hier lag die Sauna nicht nur wir bei den anderen Hütten etwas abseits, sondern auch etwas unterhalb. Der Weg dort hin war vereist und die Stufen sehr glatt. Alle Saunen auf unserer Tour werden mit Holz betrieben und außerdem beheizt der Ofen nicht nur den Saunaraum sondern auch einen Wasserbehälter, von dem die Besucher heißes (also wirklich sehr heißes!) Wasser abfüllen können, um sich damit zu waschen. Hierfür gibt es neben dem Umkleide- und dem Saunaraum noch einen separaten Raum. Damit der Hüttenwart sich nicht jeden Tag mit dem Sägen, Hacken und Schleppen von Holz und dem Besorgen von Wasser abmühen muß, sind die Saunisten dafür verantwortlich, dass genügend Holz und Wasser vorhanden ist. Die Benutzung ist im Hüttenpreis mit inbegriffen.
Da ich hungrig war, wollte ich nicht die Zeit mit Saunieren verplempern und habe mich nur gewaschen. Auf dem Weg von der Sauna zurück zu unserer Hütte zeigte das Thermometer wieder weniger als 22 Grad minus an, so dass es nicht weiter verwundert, dass ich mit einem steifgefrorenen Handtuch zurückkam.
Heute hat Corinne zum Abendessen Rentiergeschnetzeltes gebraten, dass zusammen mit Gemüse, Halloumikäse, Preiselbeeren, Senf und Ketchup in Fladenbrot gerollt und dann gegessen wird. Für so ein Essen würde ich jeden Tag die 20km auf mich nehmen. Ein toller Abschluss für einen tollen Tag.