Tag 11: Herbstwanderung

10 Grad zeigte um 8 Uhr das Außenthermometer an. Der Himmel war ein konturloses Grau, in dem man den ganzen Tag über nicht erahnen konnte, wo gerade die Sonne steht. Als wir aus der Hütte traten, fröstelten wir zunächst, kamen aber schnell ins Schwitzen, da der Weg direkt bergauf führte und es trotz der Kälte seltsam schwül war.

Die Wolkenschicht hing leider auch sehr tief, so dass wir vom Okstindbreen, dem Gletscher, der auf dem Gipfel des Berges direkt vor uns, nichts sehen konnten. Aber er wird uns noch die nächsten Tage begleiten, in drei Tagen werden wir sogar direkt neben ihm entlangwandern, so dass sich noch einige Gelegenheiten bieten werden, ihn in seiner Pracht zu bewundern. Trotzdem war es schade, dass uns diese Aussicht heute nicht bot, denn so macht das Wandern deutlich mehr Spaß.

Nach ca. 200 Höhenmetern kamen wir an einem schön gelegenen Gapahuk vorbei. Hätten wir von ihm gewusst und wäre das Wetter etwas besser gewesen, so wäre dies eine schönere Übernachtungsmöglichkeit, als die tiefer gelegene Krutvasshytta.

Ab hier gab es kaum noch Bäume und so war es auch nicht verwunderlich, dass wir recht häufig Rentiere beobachten konnten.

Bis etwa hier hin war der Weg auch sehr gut zu erkennen, doch nun mussten wir uns mit Hilfe der zahlreichen und gut sichtbaren Markierungen orientieren, denn ein Pfad war häufig nur zu erahnen. Sumpfig war es nur gelegentlich, die Schuhe sind nur äußerlich naß geworden.

Nach drei Stunden bzw. 8 Kilometern hatten wir den heutigen Pass überschritten und haben die erste Pause eingelegt, in der ich mir eine Tassensuppe gemacht habe. Die warme Flüssigkeit im Magen tat gut, und die vielen Nudeln ließen meinen Hunger verschwinden. Aber es war windig und ungemütlich, so dass die Pause mal wieder nicht lange ausfiel.

Aber bereits nach wenigen Metern haben wir wieder angehalten und die Rucksäcke abgenommen, da auf beiden Seiten des Weges sehr viele, reife Blaubeeren darauf warteten, gepflückt zu werden. Schnell war eine ansehnliche Menge für das morgige Frühstück zusammengeklaubt und wir setzen unseren Weg fort. 

Ab nun ging es bergab zu einer Schotterpiste, die rechts nach Schweden und links zu unserm Etappenziel führte: Sivertgarden, einem Bauerhof, der Zimmer und Dusche anbot. Bis dorthin waren es nur noch 8 Kilometer auf der Strasse, die wir recht zügig abspulten.

Als wir auf den Weg zum Haupthaus des Bauernhofs einbogen, wurde unsere Ankunft sofort bemerkt und der Bauer kam uns schon entgegen, leider mit der Nachricht, dass er uns nicht mehr aufnehmen kann. Aber er könne ja den Nachbarn anrufen, an dem wir zwei Kilometer vorher vorbeigekommen sind.

Der Nachbar hatte keine Gäste, alles war frei. Und zu dem fuhr uns der Bauer mit seinem Wagen direkt hin.

Diese Unterkunft war perfekt. Unser Haus war wohl das alte Bauernhaus, verfügte über Bad mit Dusche, Küche, Wohnzimmer und Schlafzimmer. Im Wohnzimmer stand außerdem ein Holzofen, den ich sofort anfeuerte und der schnell das Zimmer mollig warm aufheizte.

Dieser Hof lebt von der Schafwirtschaft, wie ich von der Besitzerin erfuhr. Insgesamt haben sie ca. 180 Tiere, die im Sommer im Wald und auf den Wiesen mehr oder weniger selbstständig leben, und den Winter im Stall verbringen. Mindestens 10 Tiere verlieren sie pro Jahr durch Bären oder Vielfraße. Sie nimmt das relativ gelassen, denn dagegen tun kann sie eh nichts. Mit Wölfen gibt es hingegen in dieser Region keine Probleme.

Bei ihr haben wir außerdem noch vier Eier und zwei Dosen Bier erstanden. Nach der wunderbar heißen Dusche gab es Kaffee, zu dem wir uns Brote mit Kochschinken und dem Gudbrandsdal-Käse gemacht haben. Anschließend ging es ins Wohnzimmer, wo ich mein Stephen King Buch Fairy Tales beendet und das Tagebuch geschrieben habe.  

Ein Kommentar

  1. Schöne Bilder , danke 🙏
    Schön das es dir Andreas wieder besser geht und ihr eure Tour fortsetzen könnt‘ – du hattest natürlich auch die beste Pflege mit Petra 😉

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