Rentierschutz

Am nächsten Tag sitzen wir mit den beiden Norwegerinnen am Frühstückstisch, als eine fünfköpfige Familie an unserem Fenster vorbeimarschiert. Die jüngste Tochter ist keine 10 Jahre alt und trägt auch einen Rucksack. Das Wetter hat über Nacht zugezogen und es ist kalt und windig. 

Eine Stunde später, ziehen auch wir los, legen aber bereits in der ersten Steigung unsere Regenjacken wieder ab. Später tausche ich auch das Longsleeveshirt durch mein kurzärmeliges Trekkingshirt, solange ich mich bewege schwitze ich mehr, als ich friere.

Landschaftlich ist diese Etappe die Fortsetzung des gestrigen Tages. Wir queren heute die ersten Schneefelder, diese sind aber, soweit fortgeschritten im Jahr, recht klein, gut zu gehen und stellen uns vor keine Probleme.

Probleme habe ich nur mit meinen Beinen, die noch von der vorherigen Etappe recht schwer sind. Heute müssen wir zwar vier Kilometer weniger gehen, doch dafür haben wir fast 200 Höhenmeter mehr zu bewältigen.

Uns beiden fällt das Vorankommen schwerer als gestern, immer wieder schauen wir auf die Navi-App und sind enttäuscht, die zurückgelegten Kilometer abzulesen. 

Zur Mittagspause suchen wir uns einen großen Stein, setzen uns in den Windschatten. Trotzdem lege ich zusätzlich die Regenjacke um mich und döse in wenigen Minuten im Sonnenschein ein. Hätte Petra mich nicht nach wenigen Minuten geweckt, so hätte ich hier noch wesentlich länger schlafen können.

Fünf Kilometer vor der Hütte sehen wir links unterhalb unseres Weges die Norwegische Familie pausieren. Sie winken uns fröhlich zu und scheinen noch topfit zu sein.

Die letzten zwei Kilometer des Tages sind wir bereits 2022 gewandert, dennoch kommt uns kein Meter bekannt vor. Auch die Kringlvatn Hütte selbst erkennen wir nicht wieder, aber im Hüttenbuch können wir Schwarz auf Weiß nachlesen, dass wir tatsächlich hier waren.

Auch heute holen wir uns wieder einen Fruchtcocktail aus dem Lager, trinken einen Kaffee und unterhalten uns mit Steffen, einem Norweger aus Stavanger, der diese Gegend ausschließlich bewandert, sogar als Guide tätig ist, nun aber eine fast dreiwöchige Wanderung alleine unternimmt.

Er erzählt mir von den Vorzügen der Navigation mit Karte und Kompasse und den alten Karten, auf den noch die alten Wege eingezeichnet sind. Diese bewandert er gerne, auch um die alten, recht primitiven Steinhütten der Hirten und Jäger zu suchen und teilweise in ihnen zu übernachten.

Auch erfahren wir, dass diese Hütte demnächst ersatzlos geschlossen wird, um den freilebenden Rentieren mehr ungestörten Lebensraum zu verschaffen. Aus gleichen Gründen werden die Hütten Storsteinen und Eidavatn, die wir in den nächsten zwei Tagen erwandern wollen, verlegt. Ob die Pfade zurückgebaut werden, steht wohl noch nicht fest. 

Von der Familie sind übrigens die Kinder etliche Minuten vor ihren Eltern an der Hütte aufgetaucht. Sie sehen noch richtig fit aus, während ihre Eltern recht wackelig auf den Beinen in der Hütte herumschleichen.

Zum Abendessen gibt es bei uns dieses Mal etwas anderes, denn den Thunfisch haben wir durch eine Dose Makrelen aus dem Proviantlager ausgetauscht. Und auf Bier müssen wir ab heute auch verzichten, denn im Rucksack war nur Platz für eine Dose. Na ja, das frische, norwegische Bergwasser ist auch ganz lecker.

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