Entspannt ging es am Samstag los Richtung Heimat. Der Plan war, etwa auf halber Strecke, in Étretat eine Zwischenübernachtung einzulegen. Dieses Dorf liegt in der Normandie knapp hinter Le Havre an der Küste des Ärmelkanals. Bis 20 Kilometer vor Le Havre war das eine normale Fahrt ohne nennenswerte Vorkommnisse.
Dann wurden wir vor einer Péage-Station angehupt und man zeigte auf unser linkes, hinteres Rad. In dem Moment vernahmen wir auch ein seltsames Geräusch, so dass wir direkt hinter der Bezahlstation auf den Parkplatz gefahren sind. Dort bot sich uns ein gräßliches Bild, denn der Reifen war geradezu zerfetzt.
Das Reserverad bei diesem Wohnmobil ist so intelligent angebracht, dass man in einer solchen Situation nicht ohne weiteres drankommt. Also haben wir den ADAC angerufen. Dieser war aber nicht zuständig, denn wir befanden uns auf einer französischen Autobahn. Da muss die 112 kontaktiert werden. Den Anruf habe ich dann übernommen, da ich von uns Vieren noch am besten Französisch kann (der Einäugige unter den Blinden und so). Aber man hat mich dort verstanden und den Pannendienst informiert. Dieser kam dann auch nach einer dreiviertel Stunde.
Zu diesem Zeitpunkt war schon klar, dass die Zwischenübernachtung in Étretat nicht mehr klappen kann, denn der dortige Campingplatz schloß kurz darauf. Also haben wir für die Übernachtung ein Örtchen mit Wohnmobilstellplatz und Hotel herausgesucht, in dem Petra und ich uns ein Zimmer reserviert haben.
Nach einer halben Stunde war das Reserverad montiert, der Mechaniker bekam ein großzügiges Trinkgeld und wir sind weitergefahren. Schon auf den ersten Metern kam uns das Fahrgeräusch recht laut vor, doch wir waren überzeugt, dass es an dem Rad liegt und sich bald legen wird. Dann ging es die Seine Brücke steil hinauf und auf der der anderen Seite ebenso steil hinunter. Bergab wurde das Geräusch immer lauter und der Wagen fing heftig zu vibrieren an.
Also hielt Jürgen direkt hinter der Brücke auf dem Seitenstreifen, wo wir feststellen mussten, dass der Mechaniker wohl nicht alle Schrauben fest angezogen hatte. Zwei waren weg, zwei andere nur noch lose in der Radaufhängung. Das Rad wurde also nur noch von einer einzigen Schraube gehalten. Nicht auszudenken, was alles hätte passieren können.
Nochmals wurde die 112 angerufen, ein anderer Pannendienst kam und der war schier entsetzt über den Fusch seines Vorgängers. Aber hier konnte er nichts mehr machen, der Wagen musste genauer untersucht und sehr wahrscheinlich repariert werden. Schnell war er aufgeladen und der Fahrer brachte uns zu unserem Hotel, was nur 10 Minuten entfernt war. Schnell haben wir uns Gepäck ausgeladen und mit dem Fahrer die nächsten Schritte besprochen. Er war inzwischen der Überzeugung, dass der Wagen repariert werden muss und dass das nicht am nächsten Tag (einem Sonntag) passieren wird.
In dem Hotel gab es kein Zimmer mehr für Jürgen und Andrea, da eine ausgelassene und laute Hochzeitsgesellschaft sich dort einquartiert hatte. Der junge Hotelbesitzer hatte aber Verständnis für unsere Situation und hat noch ein Luftmatratze organisiert, die in unser Zimmer kam.
Da inzwischen alle Lokale geschlossen waren, haben Petra und ich 4 Pizzas an einem Pizzaautomaten (Frankreich, was ist nur aus dir geworden) geholt. Jürgen hatte, vorausschauend, wie er nun mal ist, sogar neben dem Gepäck auch eine Flasche Rotwein aus dem Mobil mitgenommen. So konnten wir noch ein einigermaßen vernünftiges Abendessen nach dem Schock und dem Streß zu uns nehmen.
Hierbei haben wir die verschiedenen Möglichkeiten, nach Hause zu kommen, besprochen und auf unseren Handys recherchiert.
Dann ging es ins Bett bzw. auf die Luftmatratze, wobei das Einschlafen schwer fiel, da die Landstraße befahren und die Musik der Hochzeitsfeier laut war. Kaum waren wir im Bett, fing einer auf einem Piano laut aber sehr gut zu spielen an. Und zu allem Überfluss führte die kleinste Bewegung auf der Luftmatratze zu einer recht lauten Geräuschkulisse.
Frühstück gab es am nächsten Morgen in diesem Hotel auch nicht, aber Kaffee konnten wir uns in der Gemeinschaftsküche kochen – immerhin. Da Sonntag war, konnten wir kein offenes Büro eines Autovermieters finden, selbst am Flughafen von Le Havre war alles geschlossen. Petra hat dann aber doch noch eine Möglichkeit gefunden, an ein Auto zu kommen. Wir meldeten uns bei einem Car-Sharing-Unternehmen an, das in Le Havre noch einen Wagen für uns hatte.
Doch am Sonntag an ein Taxi zu kommen, dass uns nach Le Havre bringen konnte, war auch schwieriger als gedacht. Letztendlich gelang auch das.
Dort angekommen hat Petra uns allen erst Mal belegte Baguettes, Croissants und Pains au Chocolat besorgt, was, während wir auf den Beginn des Mietvertrags gewartet haben, vor dem Parkhaus genüßlich vertilgt wurde. Als es endlich 12 Uhr war, konnte das Auto mittels Handy geöffnet. Ist schon toll, was heute mit der modernen Technik alles möglich ist. Bevor wir das Gepäck verstauen und einsteigen konnten, verlangte die Leih-App noch Fotos von allen Seiten und vom Innenraum des Autos, dann konnte endlich die zweite Hälfte unserer Heimreise beginnen, die dann glücklicherweise ganz ohne Zwischenfälle verlief.