Wie immer, wenn wir einen festen, morgendlichen Termin haben, den wir nicht verpassen dürfen, habe ich etwas unruhig geschlafen. Sechs Uhr sind wir aufgestanden und haben unsere letzte Dusche für die nächste Woche genossen, bevor es dann zum feudalen Frühstücksbuffet ging. Nach Spieleiern mit Speck und Bohnen, Hering in Tomaten- und Currysauce, einer Waffel mit Blaubeermarmelade und einem kleinen Schokocroissant fühlte ich mich gestärkt genug für diesen Tag.
Im Sonnenschein ging es zum nahegelegenen Bahnhof, wo unser Zug pünktlich einfuhr, um uns nach Namskogan mitzunehmen. Da wir keine Sitzplätze nebeneinander hatten, haben wir uns auf zwei freie Plätze gesetzt, was bei der Schaffnerin für Verwirrung sorgte, da man üblicherweise seinen reservierten Platz auch einnehmen muss.
Der Zug fuhr zunächst an einer herrlichen Fjordlandschaft entlang, deren wildromatischer Anblick ab und zu durch Dörfer mit dazugehöriger Landwirtschaft und gelegentlichen, kleineren Industrieanlagen unterbrochen wurde.
Dann folgte die Zuglinie dem Fluss Namsen hinauf ins Fjell. Der Namsen entspringt dem Namsvatnet, einem See am Südende des Børgefjells, wo wir eine Fähre für 19 Uhr gebucht haben, die uns ans Nordostufer bringen soll.
Nach 3,5 Stunden erreichte der Zug pünktlich unseren Zielbahnhof, wo uns Marianne bereits erwartete. Da sie kein englisch spricht, wurde es eine recht stille Fahrt nach Røyrvik, wo wir ja letztes Jahr unsere Wanderung beendet hatten.
Dort wurden wir herzlich von Hilde empfangen, die uns üppige Omelettes mit Salat zubereitete. Mit schwerem Magen machten wir uns dann um 13 Uhr auf den 15 kilometerlangen Asphaltweg zum Namsvatnet. Kaum hatten wir Hilde Hotel verlassen, setzte leichter Niesel ein, der war aber so gering, dass wir unsere Regenjacken nicht hervorholten.
Auf halber Strecke wurden wir von einem Volvo überholt, der 100 Meter vor uns wieder wendete und auf dem Rückweg neben uns hielt. Der Fahrer sprach uns auf norwegisch an und wollte wohl wissen, wo wir hinwollen. Wir kamen (auf englisch) in ein kurzes Gespräch. So was in der Art habe ich sonst nirgends erlebt. Die meisten Norweger sind wirklich sehr aufgeschlossen, kontaktfreudig und hilfsbereit.
Als wir am Fähranleger ankamen, fuhr gerade das Boot mit Vollgas weg, wohl um den nächsten Schwung von Wochenendausflüglern abzuholen. Nach einer Stunde war die Fähre bereits wieder da und so konnten wir 2 Stunden vor dem verabredeten Termin bereits in See stechen.
Der Kapitän erzählte uns, dass wir die einzigen sind, die er heute in diese Richtung fuhr. Und er informierte uns über die Landschaft. So wurde der See um 14 Metern vor etlichen Jahren aufgestaut, so dass die Sami-Dörfer überschwemmt wurden, sie aber trotzdem keine Entschädigung bekamen. Er hat uns eine heiligen Berg der Sami gezeigt, uns über die grausame „Altenpflege“ berichtet und das die norwegischen NPL-Wanderer seine Fähre als Betrug ablehnen und entweder die Strecke paddeln oder wandern. Und wir erfuhren, dass quasi am Fähranleger der Mittelpunkt Norwegens liegt, wenn die Luftlinie von hier zum Nordkap und nach Lindesness betrachtet wird.
Nach einer halben Stunde kamen wir am Nordufer an, wo ein norwegisches Paar bereits auf die Fähre wartete. Danach waren wir allein.
Direkt am Fähranleger gab es einen Gapahuk (eine Hütte mit niedrigem Dach und nur 3 Wänden) und in unmittelbarer Nähe haben wir unser Zelt aufgebaut.
Im Gapahuk haben wir uns Kaffee gekocht und ein kleines Abendmahl zu uns genommen. Hier hat mich meine Frau mal wieder überrascht, als sie aus ihrem Lebensmittelsack 2 Dosen Indian Pale Ale holte. Da hat sie doch 1 Kilogramm Extragepäck getragen, nur um mir eine Freude zu machen. Eine Dose haben wir dann an diesem Abend getrunken und die andere für den nächsten Tag aufbewahrt.
Danach ging es noch kurz zum beeindruckenden Storelva-Wasserfall, der nur 10 Minuten entfernt zum Namsvatnet hinunterrauschte.
Anschließend sind wir total kaputt ins Zelt gegangen, obwohl es nur 19 Uhr war.