Kaltes Hawaii

Früh morgens wache ich auf, bin noch etwas schläfrig aber eigentlich ausgeschlafen. Die Brandung höre ich träge an den Strand schwappen und die ersten Vögel begrüßen mit ihrem Gesang den Tag. Ich schaue auf mein Handy, lese 06:33 und beschließe, mich noch mal umzudrehen und etwas zu dösen.

Leider höre ich etwas später ein neues Geräusch, als die ersten Tropfen auf unser Zelt treffen. Der zunächst sanfte Niesel wird in den folgenden Minuten immer heftiger und leider auch unser Drang aufzustehen und zu frühstücken.

Wir quälen uns unter unseren Quilts hervor, ziehen die Wanderklamotten an und packen provisorisch unsere Rucksäcke, denn essen wollen wir im Küchengebäude. Dort ist es trockener, wärmer und gemütlicher als hier im Zelt.

Während ich die Handies auflade und das Frühstück vorbereite, geht Petra schnell zum Bäcker, der auch gleichzeitig hier im Ort der Metzger ist, um dort Brötchen und Schinken einzukaufen.

Der Regen prasselt unvermindert und da unsere heutige Etappe mit ca. 15 Kilometern recht kurz ist, beschließen wir, noch etwas zu warten. Wir kommen ins Gespräch mit einer Deutschen, die gerade ihr Geschirr spült und erfahren, dass sie und ihr gerade verrentete Mann ein Jahr quer durch ganz Europa reisen wollen. Sie sind erst eine Woche unterwegs und wollen demnächst mir der Fähre von Dänemark nach Norwegen übersetzen, um dann einige Wochen später über Schweden wieder nach Dänemark zu fahren. Danach folgen Italien, Kroatien, Spanien und Frankreich. Begeistert hören wir zu, neidisch sind wir aber nicht, denn wir haben ja nächstes Jahr fast so eine lange Auszeit.

Um Zehn geht es dann für uns relativ spät los, aber der Regen hat sich verzogen und im Laufe des Tages soll es laut Wetterbericht freundlicher werden, bis es dann am Nachmittag nur noch Sonnenschein pur geben soll. Ich kann es schon mal vorwegnehmen: Er sollte Recht behalten.

Zunächst geht es wieder an den Strand, doch dort ist im Gegensatz zu gestern nichts los. Einige Fischerboote sind wohl draußen, doch die meisten liegen noch am Strand.

Nach einiger Zeit biegt der Weg von der Asphaltstraße ab und wir wandern auf einem Schotterweg weiter. Dieser führt uns für lange Zeit durch einen Wald, der aber größtenteils aus abgestorbenen Kiefern besteht. Ihnen ist es wohl auf dem Sandboden zu trocken geworden. Oder ist hier auch der Borkenkäfer aktiv? Waldarbeiter sind dabei, die toten Hölzer in Holzschnipsel zu verarbeiten, die in riesigen, bereitstehenden Containern gesammelt werden.

Nach dem Wald geht es Richtung Strand, doch von diesem können wir nur hin und wieder was sehen, da der Weg sich erneut hinter der letzten Düne entlangschlängelt.

Auch hier sehen wir die kümmerlichen Reste vieler abgestorbener Bäume.

Heute kommen wir nur quälend langsam voran, irgendwie liegt uns die gestrige Etappe noch in den Beinen.

Auch nach einer Pause fühlen wir uns nicht wirklich besser. Doch langsam nähern wir uns dem Ziel.

Der Weg pendelt heute mehrmals zwischen der Landstraße, dem Wald und den Dünen hin und her. Insofern ist es abwechslungsreicher als gestern.

In einem Bereich verläuft der Weg zwischen zwei Feldern und ist auf beiden Seiten von Zäunen eingefasst. Mehrmals sind Viehgatter eingebaut, bei denen wir durch zwei eng zusammenstehende Zaunpfähle hindurch müssen.

Nur drei Kilometer vor dem Ziel ist unser Hunger zu groß und wir legen erneut eine Pause ein. Direkt am Straßenrand machen wir es uns bequem und essen die letzten Brötchen, die wir heute morgen gekauft haben, und ich mache mir noch mit dem heißen Wasser aus der Thermoskanne eine Tasse Suppe.

Gegen drei Uhr sind wir endlich am Camping angekommen. In der Zwischenzeit haben wir einen strahlend blauen, wolkenlosen Himmel. Von der Stimmung her fühle ich mich eher in Frankreich, denn in Dänemark.

Der Camping ist zwar riesig, doch Gäste mit Zelt werden lieblos an der Hauptstraße des Platzes auf einem recht schmalen Grasstreifen platziert.

Auch hier finde ich es erstaunlich, wie viele deutsche Gäste anzutreffen sind. Kein Wunder, daß wir bisher fast immer mit Deutsch in den Läden, Restaurants und Campings durchgekommen sind.

Ebenfalls auffällig ist die große Anzahl an Surfern. Auf den meisten Autodächern sieht man Surfbretter, und im Dorf sind mehrere Surfschulen. So kommt es wohl, dass Klitmøller sich gerne auch Cold Hawaii nennt.

Wir suchen uns erneut ein Restaurant direkt am Strand aus. Auch dieses Mal ist es ein besserer Imbiss, doch das Bier ist kalt und gut und die Portion Fish & Chips riesig und sehr lecker. Wir essen auf der sonnenbeschienen Terrasse, doch der stetige, kühle Wind lässt uns schnell die Jacken überwerfen.

Zum Abschluss geht es direkt an den Strand, wo wir uns von einer Bank aus das Treiben auf dem Sandstreifen und dem Wasser anschauen.

Da eine Flaute herrscht, dümpeln die Windsurfer 40 Meter vom Ufer entfernt auf ihren Brettern sitzend dahin und warten auf die perfekte Welle, die aber heute bestimmt nicht kommen wird. Ein junges, dänisches Surferpärchen beobachten wir interessiert, denn sie haben noch ihre ca. zwei jährige Tochter dabei. Auch sie hat schon einen Neoprenanzug an, und während die Mutter mit ihrem Brett draußen in der kaum vorhandenen Brandung ist, spielt der Vater mit ihr im Wasser. In wenigen Jahren hat sie bestimmt ein eigenes Brett und gleitet elegant auf den Wellen Richtung Ufer.

Selbst gegen 7 Uhr abends ist es in der Sonne richtig heiß, doch kaum ist man im Schatten, sinken die Temperaturen drastisch auf ca. 15 Grad. So kommt es, dass ich in Daunenjacke draußen vor dem Küchengebäude an einem Holztisch sitze, um diesen Bericht hier zu schreiben.

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