Im Frühstücksraum treffen wir die beiden Australier wieder, die wir bereits am ersten Tag kennengelernt hatten. Er hatte sich leider auf der dritten Etappe verletzt und die darauffolgenden zwei Tage haben sie sich mit dem Taxi chauffieren lassen. Nun geht es seinem Bein etwas besser, aber sie haben dennoch die heutige Etappe auf 13 Kilometer verkürzt. Für uns stehen hingegen 31 Kilometer auf dem Programm.
Es ist noch ungemütlicher als am Tage zuvor. Die Wolken hängen tief über den Hügeln und zudem weht ein kühler Wind, was man hier „blame it to the russian“ nennt. Vor dem Hotel treffen wir einen alleinwandernden Engländer, der uns bisher nicht begegnet oder aufgefallen ist. Als er hört, dass es eine Abkürzung direkt vom Hotel aus gibt, schließt er sich uns an und wir kommen ins Gespräch.
Ich bin überrascht, wie interessiert die Briten die deutschen Wahlen vor wenigen Wochen verfolgt haben. Er kannte die Wahlergebnisse in den unterschiedlichen Bundesländern und ebenso konnte er was mit AFD und Sarah Wagenknecht anfangen. Da er sein Hauptgepäck transportieren lässt (wie die meisten anderen Wanderer auch), ist er etwas schneller unterwegs als wir, trotzdem treffen wir ihn heute immer wieder und machen sogar gemeinsam im Windschatten einer Mauer Mittagspause.
Landschaftlich gab es heute kaum Abwechslung. Wir haben den Lake District verlassen und befinden uns noch nicht im Yorkshire Dales Nationalpark. Auf den heutigen 31 Kilometern wandern wir fast die ganze Zeit auf Schafsweiden an Natursteinmauern entlang. Das Gelände ist sanft gewellt und die Sicht ist heute nicht sehr gut, da es sehr diesig ist. Und jedes Mal wenn wir einen Hügel erklimmen, werden wir von kühlen Windböen empfangen. Petra zieht sich heute mehrmals die Windjacke an und aus, selbst ich habe mein langärmeliges Brynje-Shirt angezogen. Zeitweise läuft Petra sogar mit Handschuhen.
Trotzdem oder gerade deswegen kommen wir recht schnell voran. Unser Schnitt liegt zwischen vier und fünf km/h, so dass wir bereits kurz vor fünf in Krikby Stephen sind. Dort übernachten wir in einer ehemaligen Kapelle, die seit zehn Jahren als Herberge dient. Wir finden an der Haustür einen Umschlag, in dem sich ein Zettel für mich und ein weiterer für eine Alice befindet. Auf den Zetteln stehen der Code für die Tür und die Hinweise, welche Zimmer für uns vorgesehen sind. Alles ist einfach, aber recht sauber und die Dusche wohltuend heiß.
Der Ort selbst, so wie auch die gesamte Gegend, machen einen recht ärmlichen Eindruck, die Gebäude sind oft etwas vernachlässigt und alles sieht ein wenig heruntergekommen aus. Bei einigen Farmen, an denen wir heute vorbeigewandert sind, hätte ich nicht gedacht, dass sie noch bewohnt sind.
Wir finden wieder einen netten Pub und bestellen uns Fish & Chips, dazu süffiges Bier. Wir sind die ersten Gäste des Abends, doch nach und nach füllt sich die Gaststube und direkt hinter uns setzt sich ein Pärchen, dass wir bereits seit einigen Tagen vom Grüßen her kennen. Wir kommen ins Gespräch und stellen fest, dass wir morgen in der gleichen Unterkunft reserviert haben. Auch die restliche Planung ist nahezu identisch, so dass wir sie bestimmt noch häufiger treffen werden. Kurz bevor wir den Pub verlassen, kommt auch der Alleinwanderer vom Tagesanfang. So bildet sich im Laufe der Wanderung eine Trail-Community.