Die heiligen Bienen

Petra und ich sitzen nun bei unserem ersten Pint dieses Urlaubs vor dem Pub unseres Hotels, genießen die Sonne, die von einem makellos blauen Himmel die Vorurteile über das britische Wetter vergessen lässt, und freuen uns darüber, dass unsere Anreise vollkommen problemlos vonstatten ging.

Die Attraktion des linken Hochhaus ist eine Schaukel auf dem Dach, bei der man über den Dachrand hinaus schaukelt

Die Reise zu dem Ausgangspunkt unserer Wanderung begann vor zwei Tagen.

Amsterdam, Fahrräder und Grachten

Petras Schwester hat uns abgeholt und zum Oberhausener Hauptbahnhof gebracht. Dort fuhr der Intercity nach Amsterdam auf die Minute pünktlich ein und erreichte ebenso unser Tagesziel. Als wir in Amsterdam Centraal unsere Tickets für die Straßenbahn kaufen wollten, kamen zwei Briten, die auf der Heimreise waren, an und schenkten uns ihre noch gültigen Fahrkarten. Wie nett und welch ein Glück.

Grachtenrundfahrten sind sehr beliebt

Wir verließen das modern schmucke Bahnhofgebäude und die Tram wartete bereits auf uns und fuhr ab, kaum dass wir eingestiegen waren. Nach wenigen Minuten sind wir in Zeeland ausgestiegen und zu unserem Campingplatz gelaufen.

Noch mehr Grachtenromantik

Welch ein krasser Gegensatz zu dem Platz, wo das Zelt das letzte Mal stand. Das war mitten in Norwegen und ca. 10 Kilometer um uns herum war keine weitere menschliche Seele. Hier waren im Umkreis von 10 Metern ca. 20 Menschen in Zelten untergebracht. War ja nur für eine Nacht

Zeeland, kurz vor unserem Camping

Kaum stand das Zelt sind wir wieder zur Straßenbahnhaltestelle zurückgegangen und zur Stadtmitte zurückgefahren. Zunächst haben wir die Haltestelle des Busses gesucht, der uns am nächsten Tag zum Pier bringen wird, wo unsere Fähre nach Newcastle abfährt. Dann sind wir den Menschenmengen in die Altstadt gefolgt.

Musik vor dem Schlafen

Das war leichter gesagt als getan, denn als Fußgänger ist man als Verkehrsteilnehmer eindeutig auf der untersten Stufe. Die Radfahrer beherrschen hier den Verkehr. Für sie gelten auch die allermeisten Regeln nicht und Rücksicht wird nur im Notfall genommen. Der Fußgänger und der Autofahrer, die sich die Verkehrsflächen mit ihnen teilen, müssen ständig aufpassen, dass sie keinem Radfahrer in die Quere kommen. Selbst in den engsten Gassen rasen sie, heute sogar meistens elektrisch unterstützt, an einem vorbei. Als Petra ein mal überraschend einen Schritt zur Seite gemacht hatte, ist sie prompt mit einem Radfahrer kollidiert, der sie auf den 17 Zentimetern, die zwischen ihr und der Bordsteinkante noch Platz waren, überholen wollte.Zum Glück ist beiden nichts passiert, sonst wäre vielleicht unser Urlaub hier schon vorbei gewesen.

Auf der Gangway ins Schiff

Ansonsten bot Amsterdam das, was man erwartet: schmale, hohe Backsteinhäuser, die sich malerisch an den Grachten aufreihen, spelunkige Kneipen, Shops, mit bizarrem Sexspielzeug, Käseläden und Coffeeshops, die man schon etliche Meter vorher riechen konnte.

Nicht nur an der Küste sondern auch weit davor anzutreffen.

Nach einem recht frühen Abendessen sind wir die 5 Kilometer zum Camping zurückgelaufen und haben den Abend im Restaurant des Platzes bei einem Bier ausklingen lassen. Hier trat eine Band auf, die eine Mischung aus orientalischer, jazziger Musik, mit osteuropäisch klingenden Texten zum Besten gab.

Frühstück bei Sonnenaufgang mit Meerblick

Da wir keine Lust auf mehr Amsterdam hatten, sind wir am nächsten Tag recht lange noch auf dem Camping geblieben. Vor der Abfahrt unseres Busses waren wir noch in einem Chinesischen Restaurant, das sich in einem riesigen Hausboot knapp hinter dem Bahnhof in einer Gracht befand.

Keine Wale zu sehen

Das Schiff war recht voll und wir hatten den Eindruck, dass die meisten Mitreisenden Briten waren, die einen Wochenendtrip nach Amsterdam gemacht hatten. Trotz intensiver  Suche konnten wir auf der Fahrt keine Wale oder anderen Tiere entdecken.

Einfahrt in den Hafen

Heute fuhr die Fähre gegen Neun bei schönstem Wetter in die Mündung der Tyne bis zum Hafen in Northern Shields. Die Passkontrolle war schnell passiert und am Ausgang wartete bereits der Bus, der uns bis zum Hauptbahnhof nach Newcastle bringen sollte. Leider dauerte es bis zur Abfahrt fast eine Stunde, da der Busfahrer noch auf drei weitere Passagiere warten musste, die letztendlich doch nicht eintrafen. Sehr zum Leidwesen von drei Holländern, die einen Zug gebucht hatten und als es zeitlich zu eng wurde, dann doch mit dem Taxi zum Bahnhof fahren mussten, um ihn nicht zu verpassen.

Newcastle Bahnhof

Da wir kein Gas für unseren Kocher mit an Bord nehmen durften, mussten wir noch vor Abfahrt unseres Zuges eine Kartusche kaufen. Zuhause hatte ich übereits die Adresse eines Outdoorladens herausgesucht, so dass wir den Einkauf in wenigen Minuten erledigen konnten.

Die Bucht von St. Bees

Newcastles Bahnhof sah recht alt aber vollkommen in Schuss und sauber aus. Die Bahnsteige waren im Vergleich zu unseren sehr breit und es war nirgends schmuddelig, wie es leider bei uns im Ruhrpott oft der Fall ist. Der Zug fuhr pünktlich ab und er folgte der Tyne weiter Richtung Binnenland. Schnell hatte er die Stadtgrenzen hinter sich gelassen und wir fuhren durch eine Landschaft voller Hügel, von denen sich saftig grüne Weiden Richtung Talmitte zogen. Auf den Grasflächen sahen wir meistens flauschigweiße Schafe. Aber auch Rinderherden waren zu sehen. Die Weiden wurden oft durch Hecken oder Wäldchen begrenzt, oder aber durch schulterhohe, graue und mit viel Schweiß errichtete Natursteinmauern, die dermaßen solide aussahen, dass sie vielleicht schon seit Jahrhunderten dort standen.

Mein Stein ist der rote in der Bildmitte

Die Dörfer, an denen wir vorbeifuhren, wurden dominiert von endlos langen Reihenhäusern mit grauen Wänden und mit riesigen Kaminen, die die Häuser voneinander trennten und aus denen meistens vier oder mehr Rohr herausragten. Die Bahnhöfe sahen teilweise so alt aus, dass sie gut als Kulisse für historische Filme genutzt werden könnten.

Sommerstimmung am Strand

In Carlisle mussten wir noch mal umsteigen, bevor es dann zur Westküste ging, wo wir kurz nach zwei Uhr endlich in St. Bees eintrafen. Der Ortsname hat übrigens nichts mit Bienen zu tun, sondern mit einer Heiligen namens  Bega.

Unser Hotel ist im Hintergrund zu sehen

Nach dem Check-In sind wir direkt zum Strand gegangen und haben uns jeder einen Kieselstein in der malerischen Bucht gesucht, den wir den langen Weg zurück zur Ostküste mitnehmen werden, um ihn dort dem Meer zurückzugeben, wie es die Coast-To-Coast-Tradition verlangt.

St. Bees Head

Nun warten wir hier auf unser Abendessen, aber bis dahin reicht die Zeit noch locker für ein zweites Pint.

Die Wanderung kann beginnen

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