Waagerechter Regen

Als wir wach werden, hören wir Tropfen, die auf ein Dachfenster treffen. Von Regen stand im gestrigen Wetterbericht nichts. Wir hoffen, dass er sich bald verzieht und packen unsere Rucksäcke. Kurz vor acht verlassen wir die Herberge und gehen die wenigen verregneten Meter zum Pennine Inn, wo wir Frühstück bestellt haben. Kaum stehen wir vor der Tür, da schließt der Koch sie für uns auf und hinter uns wieder ab. Wir sind anscheinend die einzigen Gäste.

Unser Hostel im Regen

Mit vollem Bauch gehen wir noch schnell in den Lebensmittelladen und kaufen Wasser und Obst ein, bevor wir die Rucksäcke unter einem wasserdichten Überzug verstecken, unsere Wanderhose durch eine Regenhose ersetzen und die Regenjacke überziehen.

Am Ortsrand von Kirkby Stephen

Noch im Ort treffen wir auf weitere Wanderer, die ähnlich aufgemacht und begeistert wie wir dem nächsten Etappenziel entgegenstreben. Wir alle folgen einem kleinen Bach ziemlich steil bergan. Zunächst scheinen alle schneller zu sein als wir, doch je höher wir kommen, desto mehr holen wir alle ein, bis schließlich keine bunten Rucksäcke und Regenjacken vor uns mehr zu sehen sind.

Petra friert und ist naß

Oben im Fell (die englische Variante des norwegischen Wortes Fjell) schüttet und windet es sehr. Der Regen kommt uns fast waagerecht von links ins Gesicht geflogen. Wir frieren, sind unter unseren wasserdichten Klamotten klätschnass (ob vom Regen oder vom Schweiß kann ich nicht sagen) und bereuen es ein klein wenig, nicht doch einen Bus nach Keld genommen zu haben.

Wir betreten den nächsten Nationalpark

Nur wenige Kilometer müssen wir heute über nun morastige, rutschige Pfade durch die Wiesen stapfen, da kommen wir auf der anderen Seite des Hügels auf eine kleine asphaltierte Landstraße. Die Gipfel der Hügel liegen in einer dunkelgrauen Wolkenschicht und neben uns fließt ein dunkelbrauner Fluß, talwärts immer breiter, tiefer und reißender werdend. Vereinzelt stehen schmucklose, graue Natursteingebäude und überall ziehen sich die Natursteinmauern die Hügel hinauf und hinunter.

Wir betreten den Yorkshire Dales Nationalpark, was durch ein Schild am Straßenrand angezeigt wird und die Landschaft ist tatsächlich anders als am Vortag und lässt mich schon nach wenigen Minuten an die Serie Der Doktor und das liebe Vieh erinnern. Irgendwie würde es mich nicht wundern, wenn ein Oldtimer mit James Herriot am Steuer und seiner Tierarzttasche auf dem Beifahrersitz an uns vorbeifahren würde.

Wir entscheiden uns, nicht nach einigen Kilometer wieder auf den Wanderweg abzuzweigen, sondern dafür, die gesamte Reststrecke von neun Kilometer auf der Landstraße zurückzulegen, denn so erhoffen wir uns, etwas schneller unter eine heiße Dusche kommen zu können.

Und tatsächlich brauchen wir weniger als zwei Stunden bis zur Dusche. Wir werden von der Wirtin recht herzlich empfangen und sie gesteht uns, dass sie unsere Reservierung vergessen hat. Erst durch meine Dinerbestellung, die ich gestern per Mail an sie geschickt habe, ist sie darauf aufmerksam geworden. Glücklicherweise ist noch ein Zimmer für uns frei. Zum Zimmer gehört auch eine kleine Wohnung mit Wohnbereich, Küche und Essecke, was wir uns mit einem weiteren Wanderer teilen. Alles ist sauber und gemütlich eingerichtet. 

Nach der Dusche und dem Auswaschen der dreckigen Kleidungsstücke bereiten wir uns in der Küche heißen Kaffee und einen kleinen heißen Snack zu. Danach verbringen wir die Zeit bis zum Diner mit Lesen, denn es regnet immer noch wie aus Kübeln. 

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